Einleitung
Als Jugendverband ist es unsere Aufgabe, unsere Mitglieder mit unseren kostenfreien Angeboten darin zu unterstützen, sich in selbstbewusste, eigenständige und verantwortungsvoll handelnde Persönlichkeiten zu entwickeln und ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Wir fördern soziales Engagement, Gemeinschaft, Solidarität und Chancengleichheit.
Kinder und Jugendliche, die von Armut gefährdet sind, sind leider seltener Mitglied in einem Jugendverband. Die Gründe dafür sind sehr verschieden und kompliziert. Hier möchten wir erklären, was Kinderarmut bedeuten kann und wie wir uns für die betroffenen jungen Menschen einsetzen möchten.
Was bedeutet „Armut“?
Der Zustand, den man Armut nennt, kann sehr unterschiedlich sein. Wenn man nicht genug Geld hat, um genug Lebensmittel für sich und seine Familie zu kaufen oder sich kein Zuhause mit einem Dach über dem Kopf leisten kann, spricht man von „absoluter Armut“. Das bedeutet, dass man sich nicht die Dinge leisten kann, die man zum Überleben braucht. Für Menschen in armen Ländern bedeutet das häufig, dass sie Hungern müssen. Viele Hilfsorganisationen wie der Arbeiter-Samariter-Bund setzen sich für diese Menschen mit ihren Auslandshilfen ein.
Armut in Deutschland
In Deutschland ist die Situation anders. Wir leben in einem wohlhabenden Land, jedoch haben nicht alle Menschen gleich viel Geld. Es gibt sehr reiche Menschen, die sich sehr viele Dinge leisten können, auch wenn sie sie nicht zum Überleben brauchen. Auf der anderen Seite gibt es Leute und Familien, die gerade genug Geld haben um Essen, Miete, Kleidung und alle anderen wichtigen Dinge zu bezahlen. Oft bleibt da kein Geld übrig um Freizeitaktivitäten, Urlaub und Erholung oder Dinge, die Spaß machen zu finanzieren.
Wenn man sich also in einem reichen Land wie Deutschland Sachen nicht kaufen kann, die sich die meisten Anderen aber ohne Probleme leisten können weil sie genug Geld dafür übrig haben, spricht man von „relativer Armut“.
Wie viele Kinder und Jugendliche sind in Deutschland von (relativer) Armut betroffen?
In Deutschland leben ungefähr 15 Millionen Kinder und Jugendliche, davon 3 Millionen in NRW. Davon sind um die 20 % von Armut betroffen. Durchschnittlich findet sich also in einer Gruppe von 5 Kindern und Jugendlichen ein junger Mensch, der in Armut aufwächst.
Warum sind diese Kinder und Jugendlichen von Armut betroffen?
Wieviel Geld einem jungen Menschen zur Verfügung steht hängt davon ab, welches Einkommen die Eltern erhalten. Können sich die Eltern gerade so die wichtigsten Dinge für sich und ihre Familie leisten, weil sie wenig Geld verdienen, sind alle Mitglieder der Familie arm – auch die Kinder.
Das gilt besonders für Eltern und Erziehungsberechtigte, die gerade keinen Job haben. Sie bekommen etwas Geld vom Staat, damit sie trotzdem grundlegende Dinge bezahlen können wie Miete, Lebensmittel, Strom und Kleidung. Dieses Geld kennen viele unter dem Namen Hartz IV. Viel ist es aber nicht, dass sie bekommen. Darum gelten Menschen, die von dieser staatlichen Hilfe leben müssen, als arm.
Da Kinder nicht arbeiten und Jugendliche erst ab 15 Jahren bezahlte Arbeit annehmen dürfen, haben sie also keinen Einfluss darauf, wieviel Geld ihnen zur Verfügung steht. Für wenige Stunden in der Woche können sie sich höchstens ein paar Euro als Taschengeld hinzuverdienen, schließlich gehen sie noch zur Schule und können nicht wie die Erwachsenen den ganzen Tag arbeiten.
Gerade für junge Erwachsene, die in einer Familie aufwachsen, die Harzt IV bekommt, ist das mit dem zusätzlichen Geld verdienen neben Schule oder Ausbildung erst recht sehr schwierig. Bekommen die Eltern Geld vom Staat, dürfen ihre Kinder im Monat maximal 100€ eigenes Geld verdienen und behalten. Wenn es mehr wird, zieht der Staat den Eltern wiederum Geld ab. Sie haben also gar nicht die Möglichkeit, so viel Geld zu verdienen, dass sie sich viel mehr leisten oder ansparen können.
Wie ist es aufzuwachsen, wenn die Familie wenig Geld hat?
Schwierige Umstände
Wenig Geld zu haben bedeutet für Kinder und Jugendliche nicht nur, dass Eltern ihren Kindern nicht ständig das neueste Spielzeug oder die neueste Version eines Handys kaufen können. Gerade in Großstädten sind die Mieten für Wohnungen und Häuser sehr hoch. Das heißt, dass arme Familien öfter ein kleineres Zuhause haben, wo nicht jedes Kind ein eigenes Zimmer hat. Oft bleibt den Familien weniger Geld für Kleidung oder sie können sich teure Dinge wie einen Computer mit Internetanschluss nicht leisten, weil am Ende des Monats nichts übrig ist, das man sparen kann. Mit dieser Situation umzugehen ist für alle Familienmitglieder sehr schwierig. Wenn plötzlich etwas Teureres kaputtgeht, wie eine Waschmaschine, oder ein Kind eine spezielle Zahnspange braucht, die die Krankenversicherung nicht zahlt, steht die Familie vor einem großen Problem: Woher das Geld dafür nehmen?
Das etwas fehlt hat Folgen
Kinder, die unter diesen Umständen aufwachsen, müssen oft auf viele Dinge verzichten, die für andere ganz selbstverständlich sind. Ohne ein eigenes Zimmer fehlt der Rückzugsort, der gerade in Zeiten von Homeschooling umso wichtiger ist, damit man sich auf seine Schulaufgaben konzentrieren kann und nicht gestört wird. Vielleicht fehlt aber auch der Computer oder ein Internetzugang, den die Kinder brauchen um am Online-Unterricht teilnehmen zu können. Wenn die passende Kleidung für kaltes Wetter fehlt werden sie schneller krank. Manchmal braucht es einfach noch mal etwas mehr Physiotherapie, um den angeknacksten Knöchel zu stabilisieren – das zahlt die Krankenkasse aber nicht und es dauert viel länger bis es heilt. Fehlt man dann wegen Krankheit öfter in der Schule verpasst man Lernstoff. Kinder und Jugendliche, die aus verschiedenen Gründen Schulzeit verpassen, haben mehr Schwierigkeiten in der Schule mitzukommen und gute Noten zu bekommen. Das kann später verhindern, dass sie die Ausbildung machen können, die sie sich wünschen oder für den Studienplatz bewerben können, der ihnen gefällt.
Soziale Teilhabe: Freundeskreis, Freizeit und Schule
Gerade für die Schule müssen viele Dinge gekauft werden, die nicht billig sind. Schulbücher, bestimmte Stifte, ein Schulranzen – da kommt viel zusammen. Das, was gerade in Mode ist kostet meist sehr viel. Das können sich Kinder aus armen Familien nicht leisten. Das kann in der Schule zu Hänseleien führen, oder die Kinder sind traurig, dass sie nicht die gleichen Spielsachen haben wie ihre Freunde. Auch weil sie vielleicht kein eigenes Kinderzimmer haben laden Kinder aus ärmeren Familien seltener Spielkamerad*innen ein, feiern keine großen Kindergeburtstage oder gehen nicht so oft mit ihren Freund*innen ins Kino oder Shoppen, weil ihre Eltern dafür leider kein Geld übrig haben. Durch das fehlende Geld werden sie also von vielen Erfahrungen und Dingen ausgeschlossen, die Freude machen und zur persönlichen Entwicklung beitragen. Wenn einer Person all diese Dinge leicht zugänglich sind, spricht man von „sozialer Teilhabe“.
Welche Folgen hat es, wenn man in Armut aufgewachsen ist?
Junge Menschen, die in Armut aufwachsen, machen andere Erfahrungen als ihre Altersgenoss*innen. Sie können nach den Ferien nicht von tollen Urlaubsreisen erzählen, tragen statt den neuesten Schuhen vielleicht die Jacke von der großen Schwester auf oder können beim Gespräch nicht mitreden, weil sie keinen Zugang zu dem angesagten Computerspiel haben, das ihre Freunde gerade alle spielen. So kann es passieren, dass sie sich ausgeschlossen fühlen, einfach „nicht dazugehören“. Ein Gefühl, das jeder von uns schon mal hatte.
Die Mitgliedschaft in einem Sportverein, Musikunterricht, Nachhilfe, Urlaube, Freizeitaktivitäten mit den Freund*innen, das Engagement in einem Jugendverband – all diese Dinge fördern persönliche Entwicklung, Bildung, Gesundheit und soziale Teilhabe von Kindern und Jugendlichen und ihren Chancen in der Zukunft. Armut kann an vielen Stellen die Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen stören und langfristig beeinträchtigen – leider zeigen uns Statistiken, dass aus armen Kindern oft arme Erwachsene werden. Gerade im Bereich der Bildung haben Einschränkungen große Konsequenzen. Kinder, die in armen Familien aufwachsen, schaffen es seltener höhere Schulabschlüsse als ihre Eltern zu erlangen. Diese benötigt man oft, um Ausbildungen oder ein Studium zu machen, mit denen man besser bezahlte Jobs bekommen kann.
Kinder und Jugendliche können kaum etwas an der Situation ändern, in der sie aufwachsen. Daher ist es für uns als Jugendverband umso wichtiger, ihre Bedürfnisse wahrzunehmen, ihre Interessen zu vertreten und sie auf ihrem Weg zu unterstützen.
Quellen und Studien zum Nachlesen auf asb-nrw.de
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